Stoffwindeln sind heute nicht mehr das was sie einmal waren. Viele von euch haben vielleicht noch eine Mullwindel, die ums Kind gewickelt ist im Kopf, wenn ihr an Stoffwindeln denkt. Tatsächlich hat sich aber am Stoffwindelmarkt in den Jahren so einiges getan. Als ich angefangen habe mich über Stoffwindeln zu informieren war ich erstmal recht überfordert. Da gibt es, gefühlt, unzählige Stoffwindelsysteme, Passformen und Materialien. Zwei Wochen lang habe ich zu jeder freien Minute das Internet nach Antworten durchforstet. Es hat eine ganze Weile gedauert bis ich mich halbwegs ausgekannt habe. Ich möchte euch hier deshalb einen Überblick über die wichtigsten Systeme geben. Meine Meinung dazu kommt jeweil im letzten Absatz, wenn ihr euch davon nicht beeinflussen lassen wollt überspringt diesen einfach. Wenn ihr andere Erfahrungen gemacht habt oder anderer Meinung seid, dann lasst es mich und andere LeserInnen gerne in den Kommentaren wissen!
Zuerst aber noch ein paar allgemeine Unterschiede die für alle Stoffwindelsysteme gelten:
Material und Verschluss
Bevor ich die Systeme vorstelle zuerst zu den Materialien, der Verschlussform und dem Größensystem. Da gibt es nicht so ganz so viel Auswahl:
Snaps oder Klett (oder Schlupf)
Moderne Stoffwindeln werden entweder mit Druckknöpfen (Snaps) oder mit Klettverschluss verschlossen. Beide Verschlüsse haben ihre Vor- und Nachteile. Klettverschlüsse können verfusseln oder einfach nach und nach schwächer werden. Wichtig ist bei den Klettverschluss-Windeln immer darauf zu achten, den Verschluss beim Waschen zu verschließen. Der Vorteil von Klett ist die stufenlose Verstellbarkeit und die Einfachheit. Mit Klettverschluss sind Stoffwindeln ist genauso einfach so schließen wie Wegwerfwindeln.
Snaps sind weniger einfach zu öffnen und zu schließen. Das bringt einerseits den Vorteil, dass ein älteres Kind sich die Windel eventuell nicht alleine öffnen kann, aber auch den Nachteil, dass sich ungeübte schwerer tun. Snaps sind langlebig und beim Waschen ist nichts weiter zu beachten.
Es gibt auch Schlupfwindeln, die mit weichen Bündchen abgeschlossen sind und einfach hochzuziehen sind. Das Kind kann somit einfach hinein schlüpfen. Schlupfhosen sind nicht so verbreitet, Vorteil ist, dass die weichen Bündchen angenehm zu tragen sind. Der Nachteil ist, dass sie recht auftragen und einen großen Po machen. Für die Nächte sind Schlupfhosen aber sehr bequem.
Wir haben sowohl Snap als auch Klett Windeln. Es hängt meiner Meinung nach ganz davon ab was ihr bevorzugt. Seit unser Sohn angefangen hat mobil zu werden, ist Klettverschluss von Vorteil, da er einfach so schnell zu verschließen und auch einfach nach zu justieren ist. Auch für andere Aufsichtspersonen haben wir schon vorgesorgt und uns Klett-Windeln zugelegt.
PUL oder Wolle
PUL steht für Polyurethanlaminat. Dieser Stoff ist ein Verbundstoff der durch Laminieren wasserundurchlässig gemacht wird. Er verliert dadurch allerdings nicht die Atmungsfähigkeit!
Wolle bringt den Vorteil mit ein Naturprodukt zu sein. Wollwindeln sind nicht von Anfang an dicht sondern müssen in ein Wollfettbad gelegt werden. Das klingt erst einmal nach viel Arbeit, ist es aber garnicht. Wollwindeln können wirklich lange benutzt werden und müssen nur nach Verunreinigung oder wenn sie undicht werden wieder gewaschen und gefettet werden. Gerüche werden über lange Zeit hinweg neutralisiert. Nicht jedes Kind verträgt Wolle, viele Wollwindeln sind aber aus wirklich weicher Merinowolle hergestellt die oft keine Probleme macht, da müsst ihr euch einfach durchtesten!
One size oder Größenwindel
Diese Begriffe bezeichnen die Größe der Windel. Sogenannte One Size Windeln sollen von Geburt bis zum Trocken werden passen. Durch Snaps an der Vorderseite der Windel oder verstellbare Beingummis, lässt sich die Windel an die Größe des Kindes anpassen.
Größenwindeln werden in verschiedenen Größen hergestellt. Hierbei geht die Angabe nach Gewicht des Kindes. Hiervon sind je nach Hersteller meist 3-4 verschiedene Größen über die gesamte Windelzeit notwendig.
Beides hat wieder Vor-und Nachteile. Bei einer One Size Windel entsteht durch das kleiner stellen an der Vorderseite der Windel eine Falte. Diese könnte euch stören. Auch sitzen One Size Windeln nicht immer so gut wie Größenwindeln. Größenwindeln sitzen oft besser allerdings müsst ihr euch davon auch immer neue in der nächsten Größe zulegen, wenn euer Kind aus einer herausgewachsen ist.
So ganz trifft die Angabe von Geburt bis zum Trocken werden meist nicht zu. Für Neugeborene gibt es dafür extra eine Newborn Größe und es kann sein, dass ihr auch für größere Kinder auf eine Größenwindel umsteigen müsst, wenn die One Size Windeln zu klein werden.
Die Stoffwindelsysteme im Überblick
Nun zu den zahlreichen Stoffwindelystemen. Es ist wichtig zu wissen, dass ihr euch nicht für ein Stoffwindelsystem entscheiden müsst. Ihr könnt diese je nach Vorliebe kombinieren:
Überhosen
Wie der Name es schon sagt, werden Überhosen über saugfähiges Material angezogen. Überhosen dienen dem Zweck die Kleidung trocken zu halten, es gibt sie sowohl aus PUL oder aus Wolle. In die Überhosen werden je nach Vorliebe Einlagen, Mullwindel oder anderes saugfähiges Material, dass das Urin aufsaugt, gelegt. Aber auch über Höschenwindeln muss eine Überhose gezogen werden. Das Überhosen-Stoffwindelsystem ist sehr kostengünstig. Oft reichen für den Anfang ca. 5 Überhosen und einige Mullwindeln. Je nach Alter des Kindes wird mehr oder weniger Saugkraft benötigt werden.
Wir bevorzugen meist Einlagen, da diese einen schlanken Windelpopsch machen.
Das Saugmaterial wird entweder einfach nur auf die Überhose gelegt oder in Laschen geschoben. Je nach Hersteller sind eine, zwei oder garkeine Laschen vorhanden. Das macht es gerade bei mobilen Kinder oft schwierig zu wickeln da das Saugmaterial beim Anlegen verrutschen kann. Alternative dafür wäre das sogenannte Snap-In-One (SIO) System. Hier werden die Einlagen mittels Druckknöpfen in der Überhose befestigt. Damit habt ihr zwar ein bisschen Arbeit damit die Einlagen in der Überhose zu befestigen, habt aber auch den Vorteil, dass nichts verrutschen kann. Damit habt ihr dann eine komplett vorbereitete Windel die sich gut zum mitnehmen oder für die Krippe eignet.
Höschenwindeln
Höschenwindeln bestehen durch und durch aus saugfähigem Material. Sie sind dafür gemacht viel Flüssigkeit aufzusaugen und eigenen sich deshalb besonders für die Nacht. Damit die Feuchtigkeit nicht nach außen dringt sollte darüber eine Überhose getragen werden.
Höschenwindeln benutzen wir nur nachts. Sechs Stück reichen vollkommen wenn ihr alle 3 Tage wascht.
Pocketwindeln
Pocket- oder Taschenwindeln sind mit einer Tasche ausgestattet. Sie besitzen eine Außenschicht aus PUL und eine Innenschicht aus wasserdurchlässigem Material. Diese zwei Schichten sind miteinander vernäht, vorne und/oder hinten sind aber Öffnungen. So entsteht eine Tasche in die ihr das Saugmaterial eurer Wahl stopfen könnt. Pocketwindeln sollten nach jeder Benutzung gewaschen werden, dadurch benötigt ihr zwischen 25 und 30 Windeln dieses Stoffwindelsystems.
Wenn ihr Windeln für jemanden braucht der kein geübter Wickler ist, dann würde ich euch immer Pocketwindeln mit Klettverschluss empfehlen. Fertig gestopft, verrutscht nichts und geht auch nichts verloren. Die Pocketwindel ist dann wie eine Wegwerwindel. Wenn wir unterwegs sind haben wir immer nur Pocketwindeln im Wetbag.
All-in-ones (AIO)
Die Alles-in-einem Windel ist eine fertige Windel mit der ihr nichts weiter tun müsst. Ihr könnt sie so wie sie ist ans Kind anlegen, Nach einmaligem Gebrauch wird sie gewaschen und kann nach dem Trocknen wieder ans Kind. Der Vorteil ist, dass nichts weiteres gekauft oder vorbereitet werden muss. Der Nachteil ist, dass ihr davon relativ viele braucht, ca 25-30 Stück und ihr unflexibel seid. All-in-ones machen meist schon ein dickes Paket und lassen sich nicht allzu gut verstärken.
Oft wird dazu geraten All-in-ones zu kaufen, wenn das Kind in Betreuung kommt, um es den Betreuern einfach zu machen. Aus Erfahrung kann ich davon eher abraten. Es kommt dabei natürlich auf die Art der AIOs an, bei vielen Marken ist/sind die Einlage(n) oft nur einseitig vernäht sind und die Faltung kann Schwierigkeiten mit sich bringen. Im Falle von Frembetreuung würde ich euch deshalb immer Pocketwindeln empfehlen.
Unsere AIO Favoriten findest du hier und hier.
3 in 1
Dieses Stoffwindelsystem besteht aus 3 voneinander getrennten Teilen. Einer Außenhülle, einer wasserundurchlässigen Innenwanne und Einlagen. Dieses System ist vergleichsweise kostengünstig, da ihr meist nur die Innenwannen waschen müsst. Wenn ihr euch für dieses System entscheidet müssten 5-8 Innenwannen, 3-4 Außenhüllen und ca 25-30 Einlagen ausreichen.
Generell
Jedes System bringt Vor- und Nachteile mit sich und ist für andere Situationen geeignet. Auch jede Marke und jedes Kind ist anders und oft passt dem einen Kind was dem anderen garnicht passt. Es gibt StoffwindelberaterInnen bei denen ihr Workshops besuchen könnt oder ihr geht in ein Geschäft in eurer Nähe um ein Gefühl für die Windeln zu bekommen. Auch Testpakete werden von BeraterInnen und Onlineshops angeboten, falls ihr keine Geschäfte in eurer Nähe habt.
Wichtig zu wissen ist, dass ihr euch nicht nur für ein System entscheiden müsst. Wir wickeln zu Hause mit Überhosen und Einlagen und Unterwegs mit Pockets. Auch ein paar All-in-ones und 3 in 1 haben wir in Gebrauch und nachts leisten uns Höschenwindeln gute Dienste. An Materialien verwenden wir sowohl PUL als auch Wolle und davon sowohl welche mit Snaps als auch mit Klett. Es ist somit ein bunter Mix der perfekt an unsere Bedürfnisse angepasst werden kann. Testet euch anfangs durch und kauft nicht gleich von nur einem System oder nur einer Marke eine volle Ausstattung! Einen Überblick über unsere Grundausstattung findet ihr hier.
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